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BÜRGERENERGIE THÜRINGEN E.V.

Energiewende in Thüringen

Manuskript Reinhard Guthke

„Germany’s Energiewende“ wird international mit Neugier beobachtet. Erreicht Deutschland die Klimaschutzziele ohne Atomenergie? Thüringen hat gute Chancen. Werden die Bürgerinnen und Bürger die Chancen nutzen?

Erstens: Thüringen hat gute Chancen beim Aufbau dezentraler Energieversorgung. Was woanders noch diskutiert wird, ist in Thüringen bereits umgesetzt. Seit 2013 ist die Thüringer Energiepolitik nahezu vollständig in kommunaler Hand. Sie ist in Händen vieler Stadtwerke, die nach der friedlichen Revolution wieder-gegründet wurden, beziehungsweise nach dem Rückzug der E.ON aus Thüringen seit 2013 in Händen der Thüringer Energie AG. Die Thüringer Energie AG gehört seither zu 46 Prozent dem Kommunalen Energiezweckverband Thüringen, einem Zusammenschluss von rund 400 Kommunen. Weitere 36 Prozent hält die Kommunale Energie Beteiligungsgesellschaft Thüringen AG, die rund 800 Kommunen vertritt. Bei diesen Bemühungen ist die Dezentralität und das Bürgerengagement beim Ausbau der Erneuerbaren Energien für viele Kommunen ein Argument.

Zweitens: Thüringen hat Chancen beim Ausbau der Energiespeicherung. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für eine stabile Energieversorgung mit erneuerbaren Energien, da Wind- und Sonnenenergie nicht kontinuierlich produziert werden. Das Pumpspeicherwerk Goldisthal ist das größte Pumpspeicherwerk Deutschlands. Der Bau eines weiteren Pumpspeicherwerkes, voraussichtlich Schmalwasser, ist in Vorbereitung und wird im nächsten Jahrzehnt realisiert werden, wenn die ökologischen Forderungen angemessen erfüllt werden.

Drittens: In Thüringen gibt es kein Kernkraftwerk und die Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern ist wirtschaftlich kaum von Belang. Nennenswert ist die Stromgewinnung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Das Gas- und Dampf-Kombikraftwerk auf Erdgas-Basis in Jena ist mit der Bruttoleistung von 197 Megawatt Thüringens größtes Kraftwerk. Es wird nur noch bis 2024 betrieben und danach durch dezentrale Anlagen ersetzt werden. Die Bioenergieproduktion mit KWK haben in den vergangenen 10 Jahren in Thüringen deutliche Fortschritte gemacht. Die Bioenergiedorf Schlöben eG östlich von Jena ist Vorreiter.

Viertens: Ein wichtiges Feld wirtschaftlicher Aktivitäten und wissenschaftlich-technischer Forschungen in Thüringen (Arnstadt, Ilmenau, Jena, Nordhausen) betrifft die Photovoltaik, auch wenn es verbunden mit der Konkurrenz auch China in den vergangenen Monaten Rückschläge gab.

Fünftens: Thüringen ist eines der wasserreichsten Bundesländer Deutschlands. Die Wasserkraft wurde schon seit den 1930er Jahren im großen Stil genutzt. Aus Gründen des Naturschutzes wird der Ausbau der Wasserkraft in Thüringen künftig unbedeutend sein, sofern es nicht gelingt mit neuen Techniken, an denen in Thüringen gearbeitet wird, Wasserkraftanlagen zu installieren, die die Europäische Wasserrahmenrichtlinine erfüllen. Vielmehr wird dem Ausbau der Windkraft in Thüringen gute Zukunft bescheinigt. Hinderlich ist der Parteienstreit um Windkraftstandorte im Bund und Land.

Sechstens: Energiewende verlangt nicht nur die Produktion von erneuerbarer Energie. Sie muss im System funktionieren. Mit der BürgerEnergie Jena eG (www.buergerenergie-jena.de) ist 2011 die erste BürgerEnergiegenossenschaft in einer deutschen Großstadt gestartet, die mit der Beteiligung am lokalen Energieversorger, den Stadtwerken Energie Jena-Pößneck ein wichtiges weiteres Tätigkeitsfeld im Rahmen der Energiewende „beackert“ – angeregt durch die Energie in Bürgerhand eG Freiburg/Br.. Auch deshalb wurde Jena im Januar 2014 von der Agentur für Erneuerbare Energien als „Energie-Kommune“ ausgezeichnet.

Siebentens: Die über 700 Energiegenossenschaften in Deutschland, davon erst 37 in Thüringen mit starkem Zuwachs im Jahr 2013, wollen aktiv die Energiewende auf lokaler Ebene begleiten. Sie fördern das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, aber auch für regionale Wertschöpfung und Akzeptanz der Projekte vor Ort. In diesem Sinne hat auch der Thüringer Wirtschaftsminister erkannt, dass Bürger-Energiegenossenschaften einen unschätzbaren Vorteil haben: „Sie verkürzen die zeitliche Umsetzung eines Projektes, weil langwierige Anhörungs- und Schlichtungsprozesse gar nicht erst auftreten. Wenn die Bürgerinnen und Bürger am Windrad vor ihrer Haustür beteiligt sind, schafft das beinahe automatisch Akzeptanz.“ Der Dachverband der Thüringer Bürger-Energiegenossenschaften und der Thüringer Wirtschaftsminister haben sich in diesem Sinne im August 2013 in einem gemeinsamen Schreiben an 700 Thüringer Kommunen gewandt, diese Chancen wahrzunehmen.

In diesem chancenreichen Umfeld ist im Juni 2013 der Dachverband der Thüringer Bürger-Energiegenossenschaften, der BürgerEnergie Thüringen e.V. (www.buergerenergie-thueringen.de), gestartet. Wir haben die BürgerEnergie Thüringen zunächst als Verein gestartet. Wir sondieren noch, ob bzw. wie und wann wir auch wirtschaftlich aktiv werden wollen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, kommunale und regionale Energiepolitik in Thüringen in ihrer Gesamtheit im Sinne der Energiewende mitzugestalten und die Interessen der Thüringer Bürger-Energie¬genossenschaften zu vertreten.
Aufgrund der abnehmenden Einspeisevergütung nach EEG und der zu erwartenden Novellierung des EEG im Jahr 2014 ist gegenwärtig die Hauptaktivität des BürgerEnergie Thüringen e.V., die Thüringer Bürger-Energiegenossenschaften bei der Vermarktung von Erneubarem Energie-Strom zu unterstützen. Wir sind dabei, die regionale Strommarke „Thüringer Landstrom“ zu etablieren, gemeinsam mit Thüringer Stadtwerken und der Thüringer Energie AG. Die BürgerEnergie Rittersdorf eG in Thüringen ist dabei Ende 2013 mit einem Pilotprojekt vorangegangen.

Erreicht Deutschland die Klimaschutzziele ohne Atomenergie? Wir möchten als BürgerEnergie Thüringen e.V. dazu unseren Beitrag leisten und haben am 28.Januar 2014 deshalb in Berlin auch den bundesweiten Dachverband Bündnis Bürgerenergie e.V. mit gegründet.

(Quelle: R. Guthke, Manuskript für EnergieZukunft, Printmedium der Naturstrom AG, Januar 2014)

Vortrag von Dieter Sell

Thüringen gibt jährlich 2,26 Milliarden Euro für Energieimporte aus. Im Jahr 2012 gab es in Thüringen 260 Unternehmen mit insgesamt 7640 Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von 2,2 Milliarden Euro.
(Quelle: Vortrag von D. Sell/ThEGA auf der Landesversammlung des BUND in Erfurt, 5.4.2014).

Die Präsentation des Vortrages finden Sie hier pdf

Landesarbeitsgruppe Energiewende 4.2014

Positionspapier der Landesarbeitsgruppe Energiewende pdf

"Kein Neubau von Wasserkraftanlagen in Thüringen."
Landesarbeitskreis Klima & Energie
Susanne Sell, Alexandra Schubert, Robert Bednarsky: "Energiewende in Thüringen" pdf